Rede zur Eröffnung der Ausstellung „Christian Wagner – Leben und Werk“ am 18. Februar 2018

Axel Kuhn

„Frisch und neugeboren“

Was würde Christian Wagner sagen, wenn er in einer „Wiederverkörperung“ unsere neue Ausstellung zu Gesicht bekäme? Vielleicht erinnert er sich an sein gleichnamiges Gedicht, das mit den beeindruckenden Zeilen beginnt:

„Nicht zugrunde geht, was du verloren;
an dich tritt es, frisch und neugeboren.“

Nicht der Tod des Dichters, sondern dieses Gedicht „Wiederverkörperung“ setzt den Schlusspunkt in der Dauer-Ausstellung „Christian-Wagner – Leben und Werk“, die wir heute in seinem Wohnhaus eröffnen. Allen Legenden vom unverstandenen Sonderling zum Trotz, der nie aus seinem idyllischen Dorf Warmbronn herausgekommen sei, breitet sie ein reiches und erfülltes Leben aus. In rund 180 Objekten –  60 Prozent von ihnen sind Originale – kann das Werk Christian Wagners nunmehr für die heutige Zeit neu bewertet werden. Denn die aktuelle Werkschau ist nicht nur größer als die mit dem Charme und dem Wissensstand der 1980er Jahre entwickelte alte Ausstellung; sie versucht auch, dem traditionellen Christian-Wagner-Bild einige frische Farbtupfer aufzusetzen.

Den ganzen ersten Stock umfasst jetzt die Ausstellung: Sie beginnt im Flur, setzt sich in den beiden alten Ausstellungsräumen fort und endet in dem großen Raum, der bisher nur für Versammlungen benutzt wurde. Im Erdgeschoss konnte ja bereits Ende 2016 die nach alten Fotos restaurierte Wohnung der Familie Wagner eingeweiht werden. An der Küchenwand hängt dort die große informative Biographieleiste, sodass wir in der eigentlichen Ausstellung auf viele biographische Informationen verzichten konnten. Es gibt zwar einen chronologischen Faden, aber in den einzelnen Räumen werden jeweils eigene Schwerpunkte gesetzt. Das heißt auch, es ist egal, in welchem Raum man mit der Besichtigung beginnt. Im Flur geht es um Christian Wagners Weg zum Wissen und zur Dichtung, in Raum eins um sein Werk und dessen Vermarktung, in Raum zwei um seine Reisen und seine Musen und in Raum drei um sein großes Lebensthema der Schonung alles Lebendigen.

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Objekte, entweder Originale, Faksimiles oder Reproduktionen. Und diese Objekte sollen im Idealfall Geschichten erzählen. Ein Begleittext weist dem Betrachter den Weg zu diesen Geschichten und – wiederum im Idealfall – kann der Besucher die Geschichte zu diesem Objekt ohne professionelle Führung selbständig entdecken.

Das klingt vielleicht ein bisschen abstrakt, und deshalb möchte ich ein Beispiel anführen. Im Flur, gleich in der ersten Vitrine, zeigen wir unter dem Titel Erinnerungsstücke auch Christian Wagners Ehering. Anscheinend eine Reliquie, an der man schnell vorübergehen könnte. Aber es steht ein Text dabei. Er lautet:

„Am 18. Januar 1871 verlobt sich Christian Wagner mit Christiane (Nane) Kienle. Es ist ein historischer Tag. Im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles wird Wilhelm I. von Preußen zum Deutschen Kaiser ausgerufen – nach dem Sieg Deutschlands gegen das Frankreich Napoleons III. In Anspielung auf den Sieg Preußens und Englands gegen das Frankreich Napoleons I. bei Belle-Alliance (Waterloo) 1815 schreibt Christian Wagner unter dem 18. Januar 1871 in sein Haushaltsbuch La Belle Alliance (das heißt wörtlich Schöne Verbindung).“

Mit diesem Text transportiert Christian Wagners Ehering eine Botschaft. Der an