Festvortrag zum 100. Todestag Christian Wagners,
gehalten am 17. 2. 2018 im Evangelischen Gemeindehaus Warmbronn

Volker Michels

»Ein sanfter Strom von Kraft und Wirkung«
Christian Wagner und Hermann Hesse

Unvergesslich bleibt mir ein Nachmittag im Juni 1980, als uns der Verleger Ulrich Keicher – noch vor der geglückten Rettung des Christian-Wagner-Hauses – in Warmbronn die beiden armseligen, ebenerdigen Kammern zeigte, in denen der Dichter sein Leben verbracht und alle seine Bücher geschrieben hat. Jedes Mal, wenn ich in komfortable Redaktions-Suiten oder Ateliers kulturschaffender Kollegen komme, ist mir die Beschämung wieder gegenwärtig, die der Blick in die Christian Wagner-Behausung hinterließ. Aus welch provinzieller Enge hier weltoffene Weite erschlossen wurde, wie geringfügig der Aufwand sein kann, um dauerhafte Ergebnisse zu erzielen, und welcher materiellen Dürftigkeit ein Reichtum an Einfühlungsvermögen und Zivilcourage, an Musikalität und Sprachkraft abgewonnen wurde, ist erstaunlich und ermutigend zugleich. Dabei war, einer historischen Steuerschätzung zufolge, Warmbronn damals einer der ärmsten und rauhesten Flecken des unweit von Stuttgart gelegenen Amtes Leonberg. So wenig also braucht es, um viel zustande zu bringen, das Beschwerliche zu beflügeln, dem Destruktiven etwas Konstruktives entgegen zu setzen, die sensationellen Superlative durch Beschränkung und liebevolle Konzentration auf das Detail zu entmachten.

Schon immer war mir Christian Wagner vorgekommen wie eine Inkarnation des guten Geistes aus Wilhelm